PNP vom Montag, 26. September 2005 Landkreis Passau

Gespielte Katastrophe: Wenn’s im Krankenhaus brennt

Station im vierten Stock vollständig evakuiert - 50 Statisten und 146 Helfer von Feuerwehren und Rotem Kreuz im Einsatz - Kleinere Fehler passierten

von Jennifer Stöckl
Rotthalmünster. Dichter, schier undurchdringlicher Rauch raubt einem die Sicht. Beißender Gestank macht sich breit. Feuer auf Station vier des Krankenhauses. Was ist zu tun? Mitten im Chaos setzen bei einer werdenden Mutter die Wehen ein. Patienten husten, verletzen sich beim Versuch, dem Feuer zu entfliehen. 50 Menschen, die meisten sind bettlägerig, müssen in Sicherheit gebracht werden. Glücklicherweise sind diese Szenen nur gespielt.
Tatsächlich ist das Neugeborene eine Plastikpuppe, die Patienten allesamt Statisten und der Rauch kommt aus zwei Generatoren. „Wir wollen für den Ernstfall gewappnet sein“, so Peter Plattner, technischer Leiter des Krankenhauses Rotthalmünster, am Samstag über diese Übung, bei der eine komplette Station evakuiert wird.
Um Punkt 15 Uhr schlagen die Krankenschwestern Alarm. Dann schieben sie die Kranken in einen rauchfreien Raum, versuchen Ruhe zu bewahren, bis endlich die ersten Feuerwehrmänner mit Atemschutzmasken anrücken im vierten Stock, um die Patienten nach Draußen zu bringen.
Die Statisten sind gut vorbereitet. Jeder hat eine Krankheit zugewiesen bekommen, entsprechend müssen die Pflegekräfte handeln.
Eine Evakuierungsübung dieser Größenordnung gab es schon lange nicht mehr in der Region. Der Zeitpunkt jetzt ist ideal. Peter Plattner erklärt: „Der vierte Stock steht im Moment wegen anstehender Renovierungsarbeiten leer. So hatten wir genügend Platz. Außerdem wollen wir die Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus, dem Roten Kreuz und der Feuerwehr stärken.“ Zukünftig werde mindestens alle zwei Jahre so eine Übung abgehalten.
Die geregelte Organisation einer Evakuierung sei das Wichtigste, so Plattner weiter. Und deswegen sind die Aufgaben von Feuerwehr, Rettung und Krankenhaus bei einem Ernstfall strikt getrennt. Die Feuerwehr, die im Notfall zuerst alarmiert wird, verständigt das Rote Kreuz und stuft die Gefahr ein. Bei der Übung wurde gleich Stufe drei ausgerufen - höchste Gefahr. Dann müssen alle Feuerwehren der Region zu Hilfe gerufen werden. Insgesamt 20 Fahrzeuge von zehn Feuerwehren sind am Samstag ausgerückt. 146 ehrenamtliche Hilfskräfte sind im Einsatz. „Wir müssen zu allererst Sorge dafür tragen, dass die Patienten aus der Gefahrenzone gebracht werden und natürlich löschen wir auch den Brand“, so Max Ebertseder, Einsatzleiter der Feuerwehr. „Bei einem Ernstfall müssen wir immer vor Ort entscheiden, ob wir überhaupt evakuieren müssen oder die Patienten nur im Haus verlegen“, erklärt er weiter.
Sind die Patienten erst einmal aus dem Gebäude gebracht, ist das Rote Kreuz an der Reihe. Zunächst werden die Namen aller geretteten Patienten registriert und mit den Krankenhauslisten verglichen. Dieser Schritt ist besonders wichtig. Alois Dichtl, Einsatzleiter des Roten Kreuzes, weiß: „Bei dem Chaos, das bei einem Brand unweigerlich entsteht, kann es leicht passieren, dass Patienten verloren gehen.“
Nun geht es in die so genannten Sichtungszelte. „Dort werden von einem Team aus Notärzten und Krankenschwestern die Patienten in verschiedene Kategorien unterteilt und je nachdem weiterversorgt, wie schlimm die Krankheiten und Verletzungen sind“, erklärt Alois Dichtl, Einsatzleiter des Roten Kreuzes. Schwerstverletzte werden mit Hubschraubern in die nächsten Krankenhäuser gebracht. Die Evakuierung verlief nahezu reibungslos. Doch kleine Fehler wurden immer wieder gemacht. Diese hält Johann Mader, Bereitschaftsleiter und Ausbilder aus Bad Griesbach, als neutraler Beobachter fest: „Die Kommunikation zwischen dem Krankenhaus, der Feuerwehr, dem Roten Kreuz und der Polizei, die den Verkehr geregelt hat, war noch nicht ideal“, lautet seine erste Bilanz. Aber, so bekräftigt er, aus Fehlern lerne man schließlich. Bei einem realen Brand dieser Größenordnung würden auch noch mehr Rettungskräfte zur Stelle sein. Für die gespielte Katastrophe wurden nur die Reservefahrzeuge der Feuerwehren und der Rettung benutzt.


©Neue Presse VerlagsGmbHzurück


Startseite